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Jascha

An alle Dosenöffner und Artgenossen,

heute möchte ich Euch gerne mal erzählen, wie ich vom verängstigten, scheuen Katzenkind zur weltgrößten Schmusebacke geworden bin (mein Spitzname ist jetzt Klette. Pfff, wie gemein!).
Zuerst stelle ich mich natürlich mal vor: Ich bin Jascha, der rote Räuber und wurde ungefähr im Juni 2007 geboren.
Zusammen mit meinen beiden Geschwisterchen Jerry und Jasmin kam ich dann irgendwie ins Tierheim Feucht, weil ein Spaziergänger uns glücklicherweise gefunden hat. Daran kann ich mich nicht mehr so richtig erinnern, aber ich glaube, das will ich auch gar nicht, weil es uns damals wirklich schlecht ging. Wir waren total hilflos und halb verhungert. Wenn uns der Mann nicht gefunden hätte, wären meine Geschwisterchen und ich bestimmt gestorben.

Am Anfang war es im Tierheim ganz übel, denn wir hatten alle Bauchweh, Durchfall und Würmer und mussten in ein extra Zimmer, wo uns immerzu so ein Zweibeiner – ich glaube, Tierarzt heißt das – mit Nadeln gepiekst und am Bauch rumgequetscht hat.
Kein Wunder, dass man davon Bauchweh kriegt, oder??? Das mochten wir überhaupt nicht, aber denen war das egal, die haben trotzdem immer weiter gemacht mit dem Quatsch. Na ja, wenigstens hatten wir in unserem Zimmer genügend Plätze zum Verstecken, und Futter bekamen wir auch genug. Das war schon okay. Aber es war echt blöd, dass andauernd irgendwelche Menschen zu uns herein gekommen sind und uns doof angeschaut haben. Die wollten uns sogar anfassen! Aber das haben wir natürlich nicht zugelassen. Bestimmt haben die auch wieder so fiese Nadeln zum Pieksen dabei gehabt. Deshalb haben wir uns lieber versteckt, denn sicher ist sicher...

Im Februar 2008 kam dann schon wieder so ein schreckliches Zweibein-Biest (so dachte ich damals jedenfalls) und wollte zu mir. Die hätte sich doch auch für eines meiner Geschwisterchen interessieren können – aber neeeiiin – ausgerechnet mich hat's erwischt. Na toll! Ich hab mich halt versteckt und gehofft, dass sie bald wieder verschwindet. So war's dann auch. Uff, das ging ja gerade noch mal gut! Und was glaubt Ihr, was am nächsten Tag passiert ist? Da steht diese fürchterliche Zweibeinfrau schon wieder in meinem Zimmer und hat so einen bescheuerten Korb mit Gitter vorne dran dabei!!! Ich hab' mir gleich gedacht, dass das nur wieder so eine fiese Aktion werden kann und hab´ mich direkt im letzten Eck versteckt. Aber die Zweibeiner haben nicht locker gelassen und haben mich zu dritt (!), mit Handschuhen und Handtüchern bewaffnet, gnadenlos und hinterlistig eingefangen und mich in diesen komischen Korb gesteckt. Denen hab ich's aber gegeben! Die haben danach alle ausgeschaut, als hätten sie sich die Pulsadern aufgeschnitten, hehe!
Na ja, heute tut's mir schon ein Bisschen Leid, dass ich gar so kratzbürstig war, aber woher hätte ich denn wissen sollen, dass dies der Start in ein richtig tolles und glückliches Katerleben war? Zuerst mal wurde ich mit dem Korb in ein ganz komisches, winzig kleines Zimmer gestellt, was dann mit lauten Geräuschen und ganz viel Geruckel losgefahren. Ein Zimmer mit Rädern – die Zweibeiner spinnen doch!!! Mir hat's vor Schreck erst mal die Stimme verschlagen und irgendwann war endlich Schluss mit dem Geruckel. Das merkwürdige kleine Zimmer wurde leise und das "Zweibein-Biest" – ab jetzt nenne ich sie aber lieber "Dosi", weil das viel netter klingt und schließlich ist sie ja jetzt meine Dosenöffnerin – hat mich mit dem Korb herausgenommen und in ein normales Zimmer ohne Räder gebracht, das sie extra für mich ganz alleine vorbereitet hat. Das war auch gut so, denn in der Wohnung gibt es noch Mit-Katzen, mit denen ich nicht gleich zusammentreffen sollte.
In dem Zimmer hatte ich den ganzen Tag meine Ruhe und konnte die neue Situation erst mal verarbeiten. Aber am Abend hat Dosi sich in dem Zimmer ins Bett gelegt, ohne mich vorher um Erlaubnis zu fragen. Was bildet die sich denn ein? Das ist MEIN Zimmer!!! Das war echt fies! Na, wenigstens hat sie mich in Ruhe gelassen und hat einfach nur friedlich geschlafen. Am nächsten Tag war es genau so. Dosi hat mir Futter gebracht, mein Klo sauber gemacht (jaaa, das habe ich vom ersten Moment an benutzt, ich bin ja schließlich ein kluges Kerlchen!) und dann habe ich sie den ganzen Tag nicht mehr gesehen. Sie behauptet, dass sie dann immer weg ist, um Geld für mein Futter zu verdienen, aber ich habe längst durchschaut, dass das nur eine faule Ausrede ist. Das Futter ist nämlich in der Küche im Schrank. Da muss man nur die Tür aufmachen und eine Dose herausnehmen, das geht ganz schnell. Dafür braucht man doch nicht den ganzen Tag! Bestimmt will sie draußen einfach nur herumstreunen, Mäuse fangen und auf Bäume klettern. Abends ist Dosi vom Streunen zurückgekommen, hat sich wieder in mein Zimmer gelegt und mich nicht weiter beachtet, nur leise mit mir geredet. Das war nicht weiter schlimm, denn ich saß ja in meinem sicheren Versteck hinter dem Nachttisch. Als sie eingeschlafen war, bin ich mal heimlich gaaanz vorsichtig über das Bett gelaufen, aber das hat sie garantiert nicht bemerkt.

In der nächsten Nacht war es das Gleiche: Dosi hat nur geschlafen und mich wieder nicht beachtet. So eine Frechheit! Mir ist langweilig und ich WILL jetzt beachtet werden!!! Deswegen bin ich am nächsten Morgen einfach aus dem Zimmer ausgebüchst und hab mich so gründlich im Wohnzimmer versteckt, dass sie mich nicht einfangen konnte. Als sie abends voller Sorge um mich vom Streunen zurückgekommen ist, habe ich sie vom Kratzbaum aus ganz frech und unschuldig angegrinst :-)!
Seitdem lasse ich Dosi keinen Schritt mehr alleine machen (sie darf nicht mal mehr alleine auf's Menschenklo. Das hat sie nun davon, ätsch!). Am Lustigsten ist es, wenn Dosi wie ein beschwipster Storch durch die Wohnung stolpert, weil ich mich beim Laufen immer um ihre Füße wickle und sie alles versucht, um mich nur ja nicht zu treten. Man muss sein Personal eben richtig erziehen, dann klappt das schon ;-).
Mit den Mit-Katzen komme ich prima klar, die sind ganz in Ordnung und mittlerweile habe ich sogar Sonderrechte hier in meinem Revier! Ich habe Dosi nämlich eine Möglichkeit beigebracht, wie ich morgens in den Garten gehen kann (schließlich muss ich den Nachbarkatzen zeigen, wer hier der Chef ist!) und auch wieder ganz ohne Hilfe in die Wohnung komme, ohne dass meine Mit-Katzen dabei ausreißen können. DAS sind vielleicht Weicheier! Die sind immer nur in der Wohnung und auf dem Balkon, aber mir kann's ja nur Recht sein! Hier fühle ich mich so richtig pudel – äh – katerwohl und freiwillig gehe ich da ganz bestimmt nicht mehr weg. Zum Dank putze ich Dosi jede Nacht und kämme ihre Haare, aber die meckert mich dann bloß an, dass ich sie nicht ständig kitzeln soll und dass sich mein Schnurr-Motor anhört wie ein Hubschrauber im Landeanflug. Und was glaubt Ihr, was sie morgens als Erstes macht? Sie rennt gleich in das Zimmer, wo es immer regnet und macht sich wieder dreckig mit so einem ekligen Stinkezeug, was Duschgel oder so ähnlich heißt. Bäääh! Undankbarkeit ist der Welt Lohn!
Menschen sind schon sehr merkwürdig, aber ich hab sie trotzdem lieb.

Schnurrige Grüße
Jascha

Was ich noch maunzen wollte:
Bestimmt gibt es im Tierheim noch mehr so ängstliche Tiere wie mich, die den Menschen erstmal nicht über den Weg trauen. Aber glaubt mir: Ein Versuch lohnt sich für beide! Ich hätte niiieee gedacht, dass es bei den Zweibeinern so schön sein kann! Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich am Anfang nicht so ein kratzbürstiger Schisser gewesen, der sich immer versteckt hat (in meinen Tierheim-Papieren stand sogar "Katze ist wild und scheu"!). Zum Glück hat sich meine Dosi davon nicht abschrecken lassen und hat mich trotzdem zu sich nach hause geholt. Ich wünsche all den anderen Tierheimbewohnern, die ebenso ängstlich sind, wie ich es einmal war, ganz liebe und geduldige Menschen, damit auch sie einen Platz finden, an dem sie ein glückliches Leben führen und ihre Menschen mit dankbarer Liebe belohnen können.

Liebe Zweibeiner, bitte habt Mut und versucht es, Ihr werdet es nicht bereuen!!! Schnurr!
Euer Jascha =^..^=

Vielen Dank an Sabine (04. November 2013)