Geschichten, die direkt ins Herz treffen | zurück | sitemap | mail | home |


Gustav Blau ist rausgeflogen!
Wegen ungebührlichen, respektlosen Benehmen gegenüber Minz, der die älteren Rechte hat.
Wer Minz ist? Auch einer der rausgeflogen ist. Der allerdings - im Gegensatz zu Gustav - aus dem Fenster.

Aber von Vorne:
Da war ein schöner Frühlingstag, so richtig zum am Fenster sitzen und in der Sonne dösen. Vormittags am Fenster zur Straße, gegen Abend zum Hof.
Da saßen viele Vögelchen in der Abendsonne.
Tauben, Spatzen am Boden und in den Bäumen. Die beobachtete er täglich vom halboffenen Fenster.
Die Menschen verließen "nur mal kurz auf ein Bierchen an der Ecke" das Haus.
Toll, das Fenster blieb auf! Langsam wurde es dunkel, ein Unwetter zog auf. Minz saß noch immer am Fenster.
Durch eine plötzliche Windboe klappte der Fensterflügel ihm ins Kreuz und er flog im hohen Bogen vier Stockwerke hinab.

Der riesige Atriumhof bestand aus viel Rasen, Sträuchern und Bäumen.
Aber unglücklicherweise war genau auf dem Fleck, der sein Landeplatz war, eine Kellertreppe.

Als seine Menschen nach dem nun doch mehr als "einem Bier'chen"- Genuß wieder heimkehrten, begrüßte sie seine Gefährtin Namens "Rosine", eine etwas zickige rote Kätzin, aufgeregt maunzend.
Das etwas nicht stimmte, merkten die Menschen. Aber was?

Laut "Minz, Minz" rufend liefen sie durch die Wohnung. Als sie den zugeschlagenen Fensterflügel sahen, ahnten sie Schreckliches.
Suchend liefen sie in den Hof und fanden Minz wimmernd auf den Treppenstufen zum Keller liegend.
Sie fuhren sofort in die Tierklinik, wo man ihnen nicht viel Hoffnung machte.
Hüfte und ein Bein hatten komplizierte Brüche erlitten und man riet, Minz einzuschläfern.
Unter Tränen flehten die Menschen, man solle versuchen, ihn dennoch zu retten. Und so geschah es.
Man operierte ihn und seine Menschen bangten weiter. Nach fünf Tagen verschlimmerte sich sein Zustand nach anfänglicher Besserung; wieder weinten die Menschen.

Der maskuläre Mensch konnte das nicht länger mit ansehen und kaufte in einer "Zoohandlung" ein Katerbaby.
So kam Gustav ins Haus und dämmte die Tränenflut ein wenig ein.
Schwarz wie die Sünde, mit einem weißen "Tanga" an und vier weißen Kurzsöckchen kostümiert, hopste er wie ein Floh durch die Wohnung. Skeptisch und zickig fauchend war die Reaktion von "Rosine".

Wider Erwarten ging es nun auch "Minz" besser und 10 Tage später zog er wieder nach Hause.
Hinkend, schwach und sichtlich verunsichert. Und da fegte dieser kleine schwarze Deibel rum! Lauerte ihm auf und wollte mit ihm, der nichts als seine Ruhe suchte, spielen.

Claudia, die Menschin, klagte über ihr Problem im Büro.
Davon hörte auch meine Mutter.
Und so zog "Gustav" bei mir und meinen drei Samtpfoten ein. Er hatte sofort seinen Spitznamen weg:
"Fliegenbein".
Er sah wirklich so aus, dünn und hochbeinig wie er war.
Nach der Begrüßung nießte er erst einmal kräftig und das wiederholte sich in kurzen Abständen!
Schnupfen - na Klasse! Impfpass, Impfungen? Fehlanzeige!
Dann begann er sich ausgiebig zu kratzen und zu schütteln. Er hopste nicht nur wie ein Floh - er hatte welche!
Nach meiner ausgiebigen Inspektion -die er garnicht lustig fand- stellte ich fest, daß er auch mit Ohrmilben reichlich gesegnet war.
Ein absoluter Notfall!
Da hatte ich mir ein Kuckucksei ins saubere Nest legen lassen - vom Feinsten!

Nun begann der Kampf. Meine Samtpfoten waren zwar geimpft, aber sie begannen zu niesen. Flöh'chen sprangen über und die Milben fanden an sechs Ohren auch Gefallen.
So wanderte ich -total überladen- mit vier Katzen zum Veterinär.
Es dauerte einige Wochen, bis acht Katzenohren, vier Näschen und einige Quadratmeter Katzenfell wieder Keim-, Floh-, und Milbenfrei waren.
Gustav "pumpte"! Hatte der schon mal gekotzt? So wie er sich anstellte - bestimmt nicht!
Das man in der Endphase das Mäulchen öffnen muß, hatte ihm sein Lehrmeister "Herkules" auch nicht gesagt. Und so presste er durch die geschlossenen Lippen sowie Nasenlöcher den Mageninhalt raus.
Damit nicht genug - alles an die Textiltapete.
Vor lauter Anstrengung und Entsetzen, was ihm da wiederfuhr, bekackte er sich auch noch mörderisch.
In seiner Angst raste er nun durch die gesamte Wohnung.

Anschließend putzte ich 'ne halbe Stunde unter Anteilnahme der 12 anderen Katzenpfoten.
Einer latschte durch die Wasserschüssel, um sich anschließend ausgiebig alle vier Pfoten abzuschütteln.
Gustav latschte noch mal durchs Erbrochene. Paulchen kratzte derweil an einer anderen Stelle des Teppichs ein "Würstchen" zu.
Nur Katrinchen rümpfte ihr Näschen und zog es vor, sich zu verkriechen.
Zumal ich nicht gerade dazu aufgelegt war, "so ein Tag , so wunderschön wie heute" zu trällern.

Gustav war ein Schmuser und Pfiffikus.
Er lernte schnell und hatte ja auch einen guten Lehrmeister: Herkules.
Er zeigte ihm wo und wie man kratzt, kotzt und dezent rülpst.
Ab und zu hagelte es mal "Katzenköppe" - aber das war selten!

Wo Herku war, war auch Gustav nicht weit. Meist lag oder lief er in seinem Windschatten.
Gern besuchte er auch gemeinsam mit Herku meine Eltern, eine Etage tiefer.
Gab es dort doch echte Brücken. Von denen hatte es ihm Eine besonders angetan. Sie muß einen unwiderstehlichen Duft ausgesandt haben.
Er steuerte nach Betreten der Wohnung magisch auf sie zu, verdrehte die Augen und - brach zusammen.

Wollte man ihn hochheben, hing ein nasser Waschlappen, eine Gummipuppe an der Hand.
Knochen hatte er dann nicht. Er war süchtig nach diesem Teppich, wie andere Katzen nach Minze.

Dreimal wollten seine Menschen ihn wieder nach Hause holen. Einmal war er krank, dann Rosine, dann wollten seine Menschen in Urlaub und ich befand es für besser, ihn dann doch noch zu behalten.
Neue Umgebung und dauernder Wechsel der Menschengesichter. Nee, das wollte ich ihm nicht zumuten.

So war er 9 Monate alt, als er umzog.
Mittlerweile ein großer, schwarzer Panther - Kater-Eunuche.
2 Wochen später besuchte ich ihn.
Aus der liebevollen, verschmusten, schnurrenden Samtpfote war ein wirklicher Teufel geworden.
Er verübelte mir offenbar, ihn "abgeschoben" zu haben.
Er giftete mich an und als ich ihn hochheben wollte und auslachte, bekam ich eine Ohrfeige.

Das war deutlich genug!
Er schloß nie wieder Friede mit jemandem, blieb biestiger Einzelgänger.
Auch Minz, der ihn mochte, kam ihm nicht näher.
Eines Tages tauchte noch "Frieda" auf, eine Perserkätzin.
Die Krönung erfuhr er aber durch die letzte Bereicherung im Blau'schen Haushalt - eine weibliche Bernhardiner - Welpe.

Fortan herrschte Sodom und Gomorrha.
Er zog sich zurück - total.
Mittlerweile ist er auch schon auf Wolke sieben im Katzenparadies und da wird er wohl wieder der Gustav sein, mit dem ich 8 Monate meines Lebens teilen durfte und mit seinem Lehrer Herkules herumtollen.

Herzlichen Dank Babsi!